Visiones hat eine migrierte und feministische Positionierung mit Diversitätsansatz und intersektionalem Blick. Eines unserer vorrangigen Themen bei Gründung war die Tatsache, dass Abschlüsse aus dem globalen Süden in Deutschland nicht anerkannt wurden.
Die Initiative Visiones wurde auch ein Forum, in dem sich Migrant*innen mit Themen aus Politik, Gesellschaft, Bildung usw. in Form von Seminaren, Diskussionsforen, Kunst u.a. auseinandersetzen. Einige von uns kamen aus der Generation der Educacion Popular in Abya Yala (international bekanntester Ansatz: Pädagogik der Unterdrückten, Paulo Freire).
Eines der Ziele von Visiones ist es, professionelle Kulturarbeit abseits von folkloristischen Darstellungen im Kulturbereich zu leisten. Wir organisierten und organisieren Fachtagungen sowie Bildungsarbeit, Fortbildungs- und Empowerment-Seminare von und für Migrant*innen bzw. BIPoC. Um diese und weitere Ziele umsetzen zu können, haben wir bereits 2007 ein Konzept geschrieben dessen Verwirklichung wir bis heute folgen:
Das Café – El Malecón.
Ein Malecón ist eine Promenade, ein Spazierweg. Dort können wir stehen bleiben, uns alles anschauen und vielleicht länger bleiben – oder weitergehen. Alles ist möglich am Malecón.
Die Idee war und ist, eine Beratungsstelle anzubieten: Ein Haus für unterschiedlichste Beratungen und Angebote, dessen Herzstück ein Café mit niedrigschwelligem Beratungs-Angebot ist.
Menschen können unverbindlich hereinkommen, etwas trinken, vielleicht auch erst einmal ‚nur für sich sein’. Viele Informationsmaterialien in unterschiedlichen Sprachen liegen aus. Die Personen, die gerade im Café Dienst haben, können bei Bedarf weitere Informationen bereitstellen, Auskunft geben und möglicherweise ein wenig beraten.
Im Café El Malecón ist kein Termin notwendig. Der erste Kontakt im Café soll sich so einfach wie möglich gestalten, um Hemmungen vor einer Beratung abzubauen. Alle können sich frei für oder gegen eine Beratung entscheiden – oder einfach nur dasitzen und lesen, etwas trinken, um sich erstmal ein Bild zu machen. Und wer will, geht einfach wieder.
Im Café El Malecón arbeiten geschulte Berater*innen. Für sie haben wir eine Definition: Sie sind Grenzgänger*innen.
Grenzgänger*innen
sind Berater*innen mit eigener Migrationserfahrung. Viele haben schon jahrelange ehrenamtliche Erfahrung in der Beratungstätigkeit in einer Community. Ihr informelles Wissen wird unterstützt (Pädagogik der Befreiung als Methode, theoretische Grundlagen über AGG, Einwanderungsgesetz, mögliche Arbeitsmarktzugänge, u.a. 2012 sollte auch das Social Justice-Training mit Diversitätsansatz dazu kommen).
Grenzgänger*innen nehmen teil an Empowerment-Trainings.
Grenzgänger*innen eignen sich Wissen an und teilen dieses Wissen.
Im Kern geht es ihnen darum, Institutionen, Gesetze und Machtverhältnisse der Aufnahmegesellschaft zu verstehen und Handlungsmöglichkeiten zu erkennen.
Das informelle Wissen das jede*r mitbringt, wird u.a. in Seminaren durch formelles Wissen unterstützt. Grenzgänger*innen fungieren somit auch als Multiplikator*innen.
Ein weiteres Ziel von Visiones ist der Aufbau von Netzwerken: Untereinander um unsere jeweiligen Kompetenzen wissen (Sprachkompetenzen, Beratungsschwerpunkte, Beruf, usw.) sowie eine Vernetzung anstreben mit politischen und sozialen Einrichtungen, Organisationen und Initiativen, die im Migrationsbereich tätig sind und interkulturelle und antirassistische Arbeit leisten. Der Aufbau von Vertrauen auf allen Ebenen ist unverzichtbar.
Das ist das Café „El Malecón“:
Wir möchten einen barrierefreien Ort mit einer Atmosphäre schaffen, in der sich Menschen herzlich willkommen fühlen. Einen Rückzugsort. Einfach einen Ort, an dem sich jeder Mensch wohlfühlen kann.
Einige organisierte/mit-organisierte Aktivitäten von Visiones:
2007 wurde das Projekt SePo-Kom – Selbsthilfe Potentiale fördern – Träger: Ethnische Minderheiten Verein e.V., München beim IQ-MigraNet durchgeführt, verantwortlich war Memo Arikan. Durch Memo Arikan konnte Visiones in Kontakt bringen mit den Verantwortlichen von MigraNet (Regina Ober, Tina Lachmayr, Stephan Schiele). Durch diese Vernetzung gab es 2009 von der MigraNet Regionalkoordination in München (LHM, Regina Ober) zwei Aufträge:
Ab 2012 wurde das Pilotprojekt „KomBI Laufbahnberatung Qualifizierung für Menschen mit Migrationshintergrund, die Ehrenamtliche beraten“ ermöglicht dank des Engagements von Michaela Hillmeier (Kollegin bei VIA Bayern) und Stephan Schiele (Geschäftsführer IQ-MigraNet). Träger des Projektes war VIA Bayern e.V.
Ab 2012 sind deswegen wenige Aktivitäten in Namen der Initiative Visiones durchgeführt worden.
Ab 2015 bis 2022 hat das Projekt einen Namen bekommen: AbriendoPuertas – EröffneDirWege“ bei IQ-MigraNet-VIA Bayern.
Durch das Projekt haben wir weiter Themen behandelt. U.a.:
Einige externe Kooperationen haben auch stattgefunden. z.B.:
Reihe Veranstaltung „Mein Körper, mein Territorium“
Veranstalter*in: AlunaMinga e.V., Projekt AbriendoPuertas (IQ-MigraNet-VIA Bayern), Visiones (i.G.), 2020):
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- Empowerment-Training für Lateinamerikanische Frauen
- Yili Rojas: „Mein Körper, mein Territorium“ (Abya Yala)
- Patricia Rendon: „Stimme mit Akzent“
- Porträt-Ausstellung; Künstlerinnen: Alexandra Yepes, Adriana Correa
- Gast-Musiker*innen: Rebeca Line, aus Guatemala, Solo-Performance, Vernissage; Les Krudes aus Cuba, Duo Performance, Finissage
Mit freundlicher Unterstützung des LHM (Kulturreferat, Migrationsbeirat, Sozialreferat), und IQ-MigraNet-VIA Bayern.
Im Rahmen des Projekts AbriendoPuertas (IQ-MigraNet-VIA Bayern) wurde die Qualifizierung „KomBI-Laufbahnberatung für ehrenamtliche Berater*innen mit Migrationserfahrung“ (KomBI-LBB) weitergeführt. Merkmale für diese Qualifizierung waren:
Die eigene Sprachhandlung wird von der jeweiligen Sozialisation und gesellschaftlichen Positionierung beeinflusst. Erstsprachen sind Teil der eigenen Identität. Internalisierte Vorurteile und diskriminierende Denkweisen spielen dabei eine bedeutende Rolle. So ist Sprache ein Instrument, das Türen öffnen oder auch schließen kann: Sprache und Sprachhandlungen ermöglichen Kommunikation, sie schaffen bewegliche Grenzen; gleichzeitig können sie auch Barrieren konstruieren. Sprache ist somit ein Handlungs- und Machtinstrument.
Die Qualifizierung KomBI-LBB wurde 2016 und 2017 auch in Magdeburg durchgeführt. Projektträger AGSA e.V. (Ausland Gesellschaft Sachsen-Anhalt). Unterstützung vor Ort: Tamara Barroso, Noel Kabore, Vu Thi Hoang Ha, Leonid Russ
Letztes Produkt des AbriendoPuertas Projekts:
2020 wurde entschieden aus der Visiones Initiative einen eingetragenen Verein zu gründen.
Vor allem soll der Verein zur Verbesserung der Lebenssituation von Migrant*innen in Deutschland beitragen. Damit untrennbar verbunden sind Maßnahmen und Aktivitäten zur Sensibilisierung für die Position von Migrant*innen in der deutschen Gesellschaft sowie zum Abbau von Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus.
Das ist unser Verständnis von sozialer Inklusion.
Uns verbinden lange Jahre der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partner*innen. Darunter sind die Landeshauptstadt München mit Migrationsbeirat, Kulturreferat, Frauengleichstellungstelle, Stelle für Interkulturelle Arbeit, Amt für Wohnen und Migration AMIGRA (Antidiskriminierungsstelle, heute die Fachstelle Demokratie), so wie auch das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V., in Via Kofiza, ADEFRA roots, AlunaMinga e.V. und weitere.
Bildung, Sprachkurse und Zugang zu Beschäftigung von Migrant*innen sind nach wie vor Themen in unterschiedlichster Form. Ein rechtlicher Rahmen und ein institutionelles Angebot reichen nicht aus für gelungene soziale Inklusion.
Das soziale Kapital von Menschen, z.B. Herkunft, Nationalität, Geschlecht und soziale Netzwerke, ist von hohem Stellenwert und erlangt in schwierigen Lebenslagen besondere Bedeutung. Diese Aspekte können Ausschluss oder Erfolg in der Gesellschaft begründen. Um sich gegenseitig zu unterstützen, entwickeln Migrant*innen daher vorwiegend eigene Netzwerke innerhalb ihrer Communities. Dort finden sie ein differenziertes Angebot für Community-Mitglieder und das Angebot orientiert sich an ihren Bedürfnissen.
Von einem großen Teil der Migrant*innen werden die offiziell üblich Qualifizierungsangebote und die Form der Beschäftigung – in der aktuellen Ausrichtung – nicht als Problemlösung erfahren, auch weil diese durch die Nichtanerkennung von formelle Qualifikationen bzw. informeller Qualifikation häufig zu einem beruflichen Abstieg führen. Überdies ist für Menschen mit traumatischen Erfahrungen durch Flucht und Gewalt der Zugang in die bestehenden – auch bürokratischen institutionellen Strukturen – oft eine zu hohe Schwelle.
Grenzgänger*innen – in der Mehrheit Frauen – sind diesen langen Weg schon gegangen. Durch ihre Erfahrungen verfügen sie über ein hohes soziales Kapital und implizites Wissen. Sie sind innerhalb ihrer Communities beratend tätig, aktiv in informellen Strukturen außerhalb der sozialen Systeme und genießen in hohem Maße Vertrauen und Respekt. Grenzgänger*innen sind nicht nur aktiv, sondern nicht selten auch Träger*innen der Migrant*innen Selbsthilfestrukturen.
Die großen Potentiale, die in diesen Selbsthilfesystemen liegen, sind immer wieder genannt und dennoch kaum genutzt. Sie werden jedoch durch die informellen Netzwerke deutlich sichtbar. Trotzdem fast alle MSO (Migrant*innen Selbstorganisationen) haben kaum formelle finanzielle Unterstützung. Daher ist eine weitere Vision, nach dem Café El Malecón:
Die Soziale Genossenschaft ONIRIA zu gründen
Das zentrale Anliegen von Genossenschaften ist, gemeinsam wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bedürfnisse zu befriedigen. (“Genossenschaft – Wikipedia”) Das sind auch die drei Themen von Visiones. Dafür wurde ein Organigramm entwickelt.
Für 2023 bis 2025 haben wir zwei Projekte bewilligt bekommen: